Nebenschauplatz Bodenschätze

Arte Journal – 29/01/13

„Der wachsende Einfluss radikaler Islamisten ist nicht nur eine Gefahr für die Menschenrechte, sondern bedroht auch die Sicherheit der Uranversorgung Frankreichs“, erklärt die Gesellschaft für bedrohte Völker.

Mali ist zwar eines der ärmsten Länder der Welt, liegt aber inmitten des „Goldgürtels“ Westafrikas. Der erstreckt sich von Senegal über Guinea, Ghana, Burkina Faso, Niger, Nigeria und Kamerun. Malis Wirtschaft ist in hohem Maße abhängig von den Weltmarktpreisen für Gold, es ist das wichtigste Exportgut des Landes. Mit rund 50 Tonnen Gold im Jahr hat Mali es auf den dritten Platz der Goldförderer-Nationen gebracht, hinter Südafrika und Ghana.

Goldminen Die ersten professionell betriebenen Goldminen entstehen im Süden des Landes in den 80er Jahren, wirklich in Schwung kommt das Geschäft dann in den 90ern. Jedoch werden in Mali keine Goldklumpen unterirdisch aus dem Gestein gehauen sondern von Goldsuchern mühsam in winzigen Körnern aus dem Sand gewaschen. Gefördert wird das kostbare Metall von den Giganten der Branche wie dem südafrikanischen Unternehmen Anglogold Ashanti, der australischen Firma Resolute Mining, den Kanadiern von IAM Gold oder dem britischen Unternehmen Randgold. Neun Goldfördergebiete zählt das Land, acht von ihnen gehören zu je 20 Prozent dem malischen Staat. Das Geschäft mit dem Gold wiegt rund 15 Prozent im Bruttosozialprodukt. Und der Quell des relativen Reichtums steht nicht vor dem versiegen: 19 neue potentielle Fördergebiete werden zur Zeit geprüft.

Mutmaßliche Ölvorkommen Die Liste der in Mali vermuteten Bodenschätze ist lang: Erdöl, Erdgas, Uran, Phosphat, Kupfer, Bauxit, Diamanten und weitere Edelsteine. Besonders die potentiellen Erdölvorkommen des Landes machen Mali zu einem potentiell interessanten Geschäftspartner für Industrienationen. Laut Benjamin Augé vom französischen Institut für internationale Beziehungen (IFRI) handelt es sich dabei jedoch nur um ein Trugbild, denn noch ist man Lichtjahre von einer möglichen Förderung entfernt. Dennoch: Besondere Hoffnungen macht man sich über unterirdische Vorkommen im Nordwesten des Landes, der französische Mineralölgigant Total bohrt im Nachbarland Mauretanien schon erfolgreich nach dem schwarzen Gold. Sollten sich die Vermutungen bestätigen, könnte Mali ein neues Erdöl-Eldorado werden. Die in Mali für die Suche nach Erdölfördergebieten verantwortliche Behörde (AUREP, Authority for the Promotion of Oil Research in Mali) hat das Land in 29 Parzelle eingeteilt, die Nutzung von 20 dieser Parzellen hat sie ausländischen Unternehmen überlassen, wie dem Italiener ENI oder der algerischen Firma SONATRACH, vertreten durch ihre Filiale Sipex. Erfolgreich nach Erdöl gebohrt hat bis heute jedoch noch niemand in Mali.

Zwei potentielle Uranvorkommen Auch die Uranvorhaben Malis sind bisher noch ungenutzt. An zwei Orten wurde das kostbare radioaktive Metall bisher lokalisiert: in Faléa, im Südwesten, nahe der der Grenze zu Guinea. Hier ist die kanadische Gruppe Rockgate den mit den Nachforschungen beauftragt. Dutzende von Bohrschächten wurden schon gegraben – zum Ärger der Landbevölkerung der Region. Das zweite Vorhaben liegt am anderen Ende des Landes, im Nordosten, in der Region von Kidal, einer der Hochburgen der Islamisten von Ansar Dine. Seit 2007 bohrt das australische Unternehmen Oklo Uranium Limited in dem 250.000 Quadratkilometer umfassenden Gebirgsmassiv Adrar des Iforas. Dass es hier Uran gibt, gilt als sicher, ausgebeutet wurde das Vorkommen bisher nicht.

Seltene Erden Korrekt nennt man sie Metalle der Seltenen Erden. Sie heißen Europium oder Neodym und werden in vielen Schlüsseltechnologien verwendet, zum Beispiel für Plasmabildschirme, Windkraftanlagen, Dauermagnete, Legierungen oder Leuchtstofflampen. Ihre Gewinnung ist äußerst auwendig und setzt große Mengen Giftschlamm frei. Die kostbaren Ressourcen könnten zudem knapp werden: Die größten Vorkommen Seltener Erden liegen in China, in der inneren Mongolei. Hier haben die Behörden nun angekündigt, die Förderung drosseln zu wollen, auch wegen der starken Umweltbelastung in den Abbaugebieten. Dadurch werden die in Mali vermuteten Vorkommen zu einem noch unkämpfteren Gut.

Stabiltät als Vorraussetzung für Förderung Genau wie für die anderen in Mali vermuteten Bodenschätze gilt auch für die Seltenen Erden: Ohne Sicherheit und Stabilität in der Region, ohne eine gesicherte Energiezufuhr in die Fördergebiete, werden die Vorkommen auch weiterhin brachliegen. Läuft Mali aus dem Ruder, behalten die Islamisten das Sagen im Norden, ist an einen Abbau des potentiellen Reichtums nicht zu denken. Eine Destabilisierung Malis kann leicht auf die Nachbarländer überschwappen. „Der wachsende Einfluss radikaler Islamisten ist nicht nur eine Gefahr für die Menschenrechte, sondern bedroht auch die Sicherheit der Uranversorgung Frankreichs“, erklärt dazu die Gesellschaft für bedrohte Völker.     Annette Gerlach

http://www.arte.tv/de/nebenschauplatz-bodenschaetze/7273746,CmC=7287886.html

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